3.9 Anforderungen an die Inhalte 

Die Anwender kommen wegen der Inhalte, entweder weil diese irgendwo verlinkt wurden oder weil sie hoffen, dass die Webseite von ihnen gewünschte Informationen bereithält. Durch die Zielgruppenanalyse (und Personas) kann geklärt werden, welche Inhalte der Anwender sich wünscht. Je genauer die Zielgruppe bekannt ist, desto einfacher lassen sich Inhalte für sie definieren und erstellen.
Corporate Design
Wenn es keine Neugründung ist, hat der Auftraggeber häufig schon eine Art »Unternehmensdesign«. Manchmal ist dieses schon sehr genau definiert (Design-Styleguide), häufig aber nicht, und entsprechend sind die bisherigen Werbematerialien eher ein Wildwuchs von grafischen Elementen. Hier gilt es abzuklären, welche grafischen Elemente fix sind und welche veränderbar. Auch nicht selten, dass Kunden »sich gerne überzeugen« lassen von »besseren, schöneren« grafischen Entwürfen.
Zu den Inhalten kommen noch die Informationen, die das Unternehmen zur Verfügung stellen will, über sich, seine Produkte und Dienstleistungen. Neben den Inhalten spielt die Organisation der Inhalte eine große Rolle. Einmal müssen die Inhalte auf verschiedene Seiten aufgeteilt und dann innerhalb einer Seite strukturiert werden.
Abbildung 3.27 Zwei unterschiedliche Arten der Strukturierung: Bei klenkhoursch.de ist die Startseite schon voller Infos und Teaser für die Unterseiten, während bei viblife.de alle Inhalte auf eine einzige Seite (One-Pager) gelegt wurden.
Im Konzept sollte eine (vorläufige) Sitemap erstellt werden, die die einzelnen Unterseiten der Webseite samt Struktur (Haupt- und Unterpunkte) widerspiegelt. Auch wird bereits eine Navigationsstruktur festgelegt, die noch nicht zwangsläufig in Stein gemeißelt sein muss, aber mehr als die grobe Richtung vorgibt. Um eine Navigationsstruktur zu erstellen, müssen erst die Informationen zusammengetragen und strukturiert werden. Dies ist ein umfangreicherer Prozess und – wenn man sich die Bedeutung der Inhalte klarmacht – mit der wichtigste im Projekt. Deswegen gibt es inzwischen in vielen (großen) Agenturen den Job des Informationsarchitekten. In Kapitel 5, »Informationsarchitektur«, widmen wir uns dem Thema ausführlich.
Abbildung 3.28 Auszug der Sitemap von strato.de/sitemap
3.9.1 Inhaltsarten: Texte, Bilder und Videos 

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, die gewünschten Informationen zu vermitteln. Texte kommen auf Webseiten am häufigsten vor und sind vor allem für Sachverhalte geeignet, die sich nicht bildlich vermitteln lassen, wie beispielsweise technische Produktinformationen, Lebensläufe von Mitarbeitern etc. Texte sprechen unser rationales Denken an und eignen sich daher gut für sachliche Argumente.
Abbildung 3.29 Bei cm-fitness.de ergänzen sich Text und Bild. Das Bild aktiviert Emotionen, der Text liefert rationale Argumente.
Bilder dagegen sind emotional und werden unmittelbarer, direkter vom Betrachter aufgenommen. Neben Bildern als schmückendem Beiwerk (siehe Kapitel 11, »Bilder und Grafiken«) oder Layoutelement und ihrer Fähigkeit, bestimmte Emotionen zu wecken, können diese natürlich auch wichtige Inhalte vermitteln. Der Infografiken-Trend zeigt deutlich, wie kompakt sich viele Inhalte bildlich übersichtlich darstellen lassen.
Abbildung 3.30 Nicht ganz so emotional wie fotorealistische Bilder, dafür aber informativ: Infografiken wie hier bei onlinemarketing.de/news/sharing-plattformen-als-haare-so-sieht-das-online-gesicht-einer-marke-aus.
Noch emotionaler sind Videos. Mit ihnen lassen sich Informationen oft noch schneller vermitteln. Kurze Info- oder Imagevideos beeinflussen den Betrachter noch viel stärker. Er kann sich entspannt zurücklehnen, muss nicht aktiv nachdenken und wird emotional geführt. Da sich durch die Smartphones auch ein Trend zu selbst gedrehten (und verwackelten) Videos entwickelt hat, muss es auch nicht immer das High-End-Imagevideo sein, das auf der Webseite gezeigt wird. Das authentische Praktikantenvideo kann unter Umständen eine viel höhere Emotionalisierung und persönliche Bindung erreichen.
3.9.2 Inhaltserstellung 

Zu Beginn des Projekts sollte auch geklärt werden, wer die Inhalte erstellt: Schreibt der Kunde die Texte, oder dürfen Sie diese schreiben bzw. sich um einen Texter kümmern? Es hat Vor- und Nachteile, Texte selbst zu schreiben. Als Webdesigner ist in den meisten Fällen jedoch davon abzuraten (außer vielleicht für die eigene Portfolio-Seite). Wenn Sie nicht gerade sehr gute Text-Skills haben, beschränken Sie sich lieber auf Ihr Fachgebiet, die Erstellung von Webseiten.
Der Vorteil, wenn Kunden Texte selbst schreiben, ist, dass diese in der Fachmaterie stecken und ihre Kunden (hoffentlich) gut kennen. Wenn dann ein Mitarbeiter des Auftraggebers auch noch gute Schreibfähigkeiten hat, warum nicht? Die Gefahr liegt darin, dass der Kunde die Texte aus seiner fachlichen Elfenbeinturm-Sicht schreibt – also vor allem über Inhalte, die ihm besonders am Herzen liegen (Verkaufen!) und nicht unbedingt die Bedürfnisse der Zielgruppe widerspiegeln. Dies lässt sich natürlich durch eine entsprechende Zielgruppen- und Personas-Definition samt Nutzungsszenarien abmildern.
Wenn Sie aber einen guten Webtexter (die Betonung liegt auf »Web«) an der Hand haben, empfehlen Sie ihn dem Kunden. Die gute Schreibe eines Mitarbeiters heißt noch lange nicht, dass er die Eigenschaften und Besonderheiten von guten Webtexten kennt. Es sind nicht nur die Anwenderbedürfnisse und -absichten zu beachten, sondern auch die Strukturierung von Texten (siehe Abschnitt 11.6.2, »Aufmerksamkeit steuern und Struktur geben«) und nicht zuletzt die Bedingungen für suchmaschinenoptimierte Texte zu berücksichtigen – im Grunde ein Spezialjob, weswegen es dafür Spezialisten gibt. Hier zu sparen wäre, als wenn der Neffe des Nachbarn die Webseite erstellt.
Und wer stellt das Bildmaterial? | Ähnlich ist die Thematik bei den Bildern. Stellt Ihr Kunde schon Bilder zur Verfügung, oder müssen noch welche erstellt oder gekauft werden? Und wenn Letzteres der Fall ist, über wen passiert das, über einen Fotografen oder über eine Bildagentur? Müssen Sie nach Bildern in Bildagenturen suchen, kostet das Zeit und je nach Anzahl und Motiven auch entsprechend Budget, was sich im Angebot unter Umständen widerspiegeln sollte.
In Kapitel 11, »Bilder und Grafiken«, beschäftigen wir uns intensiv mit den verschiedenen Möglichkeiten, an gute Bilder und Bildmotive zu kommen. Es sollte aber zu Beginn abgeklärt werden, ob und welche Bilder der Kunde liefern kann und welche Qualität diese haben. Nur weil der Kunde die Bilder in seinem Word-Dokument großziehen kann, heißt das nicht, dass diese wirklich in ausreichender Pixelzahl vorliegen.
Bei weiteren Inhalten wie Illustrationen oder gar Videos ist ebenso abzuklären, wer was liefern soll. Ein kurzes Imagevideo auf der Startseite mag eine tolle Wirkung haben, kostet aber auch mal eben einen vierstelligen Betrag. Wie immer müssen hier die Kosten und der Nutzen im Einzelfall abgewogen werden.
3.9.3 Der Qualitätsanspruch 

Wie bei allen zu erbringenden Leistungen sollte die Art der Qualität, so gut es geht, definiert werden. Es gibt Leistungen, bei denen das einfacher geht (optimiert für bestimmte Browserversionen oder nach Webstandards umgesetzt), und es gibt Leistungen, bei denen das schwieriger geht (ein »modernes Screendesign« ist relativ und subjektiv). Da sich Inhalte wie Texte und Bilder in der Qualität aber stark unterscheiden können, sollte vorher geklärt werden, welche Qualität ausreichend ist. Eine Homöopathin hat vielleicht nicht den Bedarf und das Budget für einen professionellen Interieur-Fotografen, der ihre Räumlichkeiten ablichtet, während eine Zahnarztpraxis, die vor allem auf Privatpatienten abzielt, hier schon eine größere Notwendigkeit sieht (und auch das entsprechende Kleingeld dazu hat).
Abbildung 3.31 Der Unterschied wird in der Porträtfotografie sehr deutlich: ein »hausgemachter« Schnappschuss und eine professionelle Aufnahme.
Eventuell reichen eben auch Texte, die ein Mitarbeiter schreibt und über die der Webdesigner mit seinem »kritischen Auge« drüberschaut. Bei Projekten, die vor allem auf eine Suchmaschinenoptimierung abzielen, muss dann aber eher doch der professionelle Webtexter ran.
Bedeutung der Inhalte | Inhalte sind nicht ein notwendiges Übel. Inhalte sind das, was die Zielgruppe einfordert. Die vielen Beispiele im Zuge von Social-Media-Strategien zeigen, dass gute Inhalte die Kundschaft anlocken.
Webdesigner, Agenturen und Kunden sollten Inhalte nicht als eine Art »Ware« sehen, sondern als Bausteine einer Webseite. Wie bei einem Haus, das aus Mauern, Fenstern, Türen, Dach, Schornstein usw. gebaut wird, entsteht eine Webseite durch die vielen unterschiedlichen Inhalte. Und ähnlich wie beim Hausbau muss die (Informations)architektur dafür sorgen, dass alles an seinen richtigen Platz kommt, damit der (Haus)besucher sich (blind) zurechtfindet. Und das Design muss dafür sorgen, dass wir uns im Haus wohlfühlen, dass die Einrichtung angenehm ist und sich Türen und Fenster einfach bedienen lassen.
Checkliste Inhalt
Die Besucher kommen wegen des Inhalts. Neben den ganzen optischen und technischen Aspekten sollten also zumindest folgende inhaltliche Fragen auch geklärt werden:
Welche Inhalte werden gebraucht?
Wie sollen die Inhalte strukturiert werden (Sitemap)?
Gibt es schon Inhalte (Texte, Bilder usw.), die eingesetzt werden können?
Müssen Inhalte umgeschrieben/angepasst werden?
Wer erstellt die Inhalte?
Müssen externe Texter, Fotografen usw. dazugeholt werden?
Wer überprüft die Inhalte auf deren Qualität?
Wer pflegt die Inhalte in die Seite ein (bei Umsetzungen mit einer CMS- oder Shop-Software relevant)?
Wer aktualisiert die Inhalte (vor allem bei einem vorhandenen News- oder Blogbereich wichtig)?