3.6 Ziele der Webseite 

Ohne konkrete Ziele ist das Projekt sprichwörtlich ziellos. »Das Unternehmen Mayer will durch einen Onlineshop seine Produkte verkaufen« ist kein ausreichend klar definiertes Ziel. Im Projektmanagement gibt es eindeutige Kriterien für die Definition von Zielen. Diese müssen SMART sein:
S |
spezifisch |
so präzise wie möglich |
M |
messbar |
mit klaren Kriterien messbar |
A |
anspruchsvoll |
nicht zu leicht zu erreichen |
R |
realistisch |
nicht zu hoch angesetzt |
T |
terminiert |
klare zeitliche Vorgabe |
Tabelle 3.1 Smarte Projektziele
Bei Erfüllung dieser fünf Kriterien liegen eindeutige und überprüfbare Ziele vor. Ganz grundlegend lassen sich folgende Ziele verfolgen:
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Imagepflege: Kommt bei Corporate Websites am häufigsten vor. Hier geht es darum, die Corporate Identity des Unternehmens zu vermitteln und dessen Image, also das Vorstellungsbild, das die Interessenten von ihm haben, zu beeinflussen.
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Vermarktung: Bestimmte Produkte und/oder Dienstleistungen sollen beworben werden. Informationen, Bilder, Videos etc. stellen die Vorzüge des Produkts heraus. Das Interesse des Kunden soll geweckt werden.
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Presales: Hier werden dem Kunden schon konkrete produkt- oder dienstleistungsbezogene Fragen beantwortet. Hier geht es nicht mehr darum, das Interesse zu wecken, sondern rationale und emotionale Begründungen zu liefern, Kunde zu werden. Dazu können Produkteigenschaften, Preisfindungen, Anwendungsbeispiele usw. gehören.
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Verkauf: Der Interessant kann das Produkt erwerben, klassischerweise per Onlineshop.
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Service: Dies sind weiterführende Angebote, die über das normale Produkt und den Shop hinausgehen und den entscheidenden Mehrwert bzw. den entscheidenden Unterschied im Vergleich zur Konkurrenz liefern können.
3.6.1 Ziele formulieren 

Aus der Analyse und Strategie werden dann realistische und strategische Ziele formuliert. Die Ziele kann man dann noch unterteilen in quantitative und qualitative Ziele, wobei in der endgültigen Zieldefinition beide Arten vorkommen sollten.
So lassen sich ganz allgemein unter anderem folgende Ziele formulieren und dann individuell genauere Ziele ableiten:
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Ziele bezüglich des Kundendialogs: Ansprache neuer Zielgruppen, zum Erstkontakt animieren, aus Interessenten Kunden machen, Neukundengewinnung, engere Kundenbindung generieren, bestehende Kunden halten, Dialog starten und Kundenbeziehungen stärken, Feedback einholen, Spaß vermitteln/»entertainen«, Informationen vermitteln/aufklären usw.
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Ziele bezüglich der Unternehmenspositionierung/-ausrichtung: Vertrauen aufbauen, Image erzeugen und festigen, Erschließung neuer Geschäftsfelder, Expertenstatus aufbauen und untermauern, Transparenz und Authentizität vermitteln, klarere Abgrenzung zum Wettbewerb, Mitarbeiter finden und binden, Netzwerke auf- und ausbauen usw.
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Ziele bezüglich (betriebswirtschaftlicher) Kennzahlen: Umsatzsteigerungen, Kostensenkungen, Webseitenbesucher und Kundendaten gewinnen, Anfragen generieren, Backlinks gewinnen usw.
Quantitative und qualitative Ziele
Quantitative Ziele betreffen den Gewinn, den Umsatz, die Kosten, den Marktanteil und das Wachstum.
Qualitative Ziele betreffen das Image, die Bekanntheit, die Kundenbindung, das Vertrauen.
3.6.2 Aus Zielvorgaben Maßnahmen ableiten 

Aus den schriftlich formulierten Zielvorgaben lassen sich dann konkrete Maßnahmen für die einzelnen Bereiche ableiten. Die Ziele bestimmen entscheidend die Inhalte, das Webdesign und die Technik. Beispielhafte Maßnahmen zur Kundenbindung, die sich aus den Zielen ergeben könnten:
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Einrichtung eines Kundenbereichs mit exklusiven Inhalten und/oder Bestellübersicht
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erweiterte Service-Inhalte nach dem Kauf (Tutorials, Manuals, Tipps und Tricks, Foren, Blogs usw.)
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E-Mail-Newsletter für spezielle Kundenangebote
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regelmäßige Analyse und Auswertung des Besucherverhaltens auf der Webseite
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Vereinheitlichung der CRM-Software (internes Tool zur Kundenpflege, englisch: Customer Relationship Management) und des Content-Management-Systems
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Gutscheine und Rabattaktionen speziell für bestehende Kunden
Flexibel bleiben
Bei der Umsetzung können (gerade im technischen Bereich) immer wieder unvorhergesehene Probleme auftauchen oder veränderte Rahmenbedingungen für eine Anpassung der Maßnahmen sorgen. Sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer sollten hier Flexibilität beweisen.
Die geplanten Maßnahmen müssen auf ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis überprüft und bewertet werden. Am Ende steht eine klare Strategie samt eindeutig formulierten Zielen.
Checkliste Ziele
Um zu einer klaren Zieldefinition zu kommen, sind folgende Fragen hilfreich:
In welchem Zeitrahmen soll das Projekt fertiggestellt werden?
Gibt es einen fixen Endtermin, bis wann das Projekt auf jeden Fall fertig sein muss?
Gibt es wichtige Meilensteine?
Welche quantitativen und qualitativen Ziele werden verfolgt?
Das zu Beginn von Abschnitt 3.6 sehr allgemein formulierte Ziel könnte nun genauer definiert folgendermaßen lauten:
»Das Unternehmen Mayer will seine Corporate Website durch einen Onlineshop ergänzen. Durch Informationen auf der Website soll der Shop bekannt gemacht, die Vorteile einer Online-Bestellung herausgehoben und Vertrauen in den Shop erzeugt werden. Die Callcenter-Mitarbeiter sollen durch den Onlineshop spürbar entlastet werden. Bis zum 01.10.20XX soll der Shop einen Umsatz von XX.XXX Euro erzeugen. Der Shop soll spätestens am 01.01.20XX gelauncht werden.«
Sicher, an der ein oder anderen Stelle ließen sich die Ziele noch genauer definieren (»spürbar« ist relativ und nicht klar messbar), doch ist diese Zielvorgabe auf jeden Fall schon mehrere Schritte weiter als die eingangs beschriebene Zielvorstellung.
3.6.3 Den Anwender nicht aus den Augen verlieren 

Bei allen Zielvorgaben stehen die Wünsche des Auftraggebers im Vordergrund, die sich aber von denen seiner Kunden, oberflächlich betrachtet, unterscheiden können. Die Kundenbedürfnisse und Ansprüche sollten also nicht ignoriert werden. Am Beispiel einer Produktseite eines Onlineshops werden die unterschiedlichen Ziele des Webseitenbetreibers und des Anwenders deutlich:
Der Anwender möchte sich über das Produkt informieren, in diesem speziellen Fall über die Herstellung, Eigenschaften und den Preis. Passt dies mit seinen Vorstellungen zusammen, möchte er das Produkt kaufen, also in den Warenkorb legen und nach abgeschlossenem Einkauf den Bezahlvorgang anstoßen.
Der Webseitenbetreiber möchte das Produkt verkaufen, dazu gehört zuerst, dass möglichst viele, die das Produkt anschauen, es auch in den Warenkorb legen. Und er möchte auch für weitere Produkte werben, sodass der Kunde animiert wird, weitere Produkte zu erwerben. Im Marketing heißt dies Cross-Selling (Querverkauf), also der Verkauf von sich ergänzenden Produkten oder Dienstleistungen.
Abbildung 3.14 Die Ziele des Kunden und des Unternehmens sind vereinbar, so wie bei shoemates.de.
Der Onlineshop shoemates.de hat dies geschickt gelöst und die Bedürfnisse beider Seiten – also die des Kunden und die des Unternehmens – gleichermaßen beachtet: Damit sich der Kunde informieren kann, wird das Produkt umfangreich vorgestellt. Dazu gehören eine Beschreibung mit den Eigenschaften, Fakten und weiterführende Links sowie verschiedene Produktbilder (oft auch in Großansicht) 2. Dazu wird prominent der Kaufen-Button 3 platziert mit der einfachen Auswahl der Produktgröße und Kaufmenge (sowie den notwendigen rechtlichen Hinweisen).
Das Unternehmen möchte vor allem das Produkt verkaufen und für weitere Produkte werben 1. Der Kunde will sich vor allem informieren. Im Grunde sind die Kunden- und Unternehmensziele also keine, die sich gegenseitig ausschließen, sondern gut vereinen lassen. Erfüllt der Auftraggeber die Bedürfnisse des Kunden, werden dadurch auch seine Ziele erreicht.