2.3 Auswahl eines HDR-Motivs
Die HDR-Fotografie ist eine sehr junge Technik, die noch in ihren Anfängen steckt, so dass sie in den nächsten Jahren noch einige Entwicklungsstufen durchlaufen wird. Es ist aber zu erwarten, dass sich sowohl Kamera- und Zubehörhersteller als auch Softwareentwickler den Marktanforderungen stellen werden. Denn von einer Modeerscheinung kann beim Thema HDR schon lange nicht mehr gesprochen werden. Immer mehr Fotografen lassen sich von der HDR-Fotografie »infizieren« und nehmen sie in ihr Portfolio auf. Auch das Stativ hat neuerdings einen erweiterten Stellenwert in der Fotoausrüstung. Szenen und Motive werden nun nach ihrer HDR-Tauglichkeit beurteilt. Aber was ist nun eigentlich ein richtig gutes HDR-Motiv?
2.3.1 Motive ohne Ende
Berücksichtigt man all die technischen Voraussetzungen für die Erstellung eines HDR-Bildes (siehe Kapitel 1), könnte man fast annehmen, dass die Auswahl an Motiven recht beschränkt ist: keine spontane Fotografie, eine umfangreiche Ausrüstung, nur mit Stativ, unbewegte Motive. Und zeitintensiv ist die HDR-Fotografie auch noch. Nur machen möglicherweise gerade diese Einschränkungen sowie die anspruchsvolle Einarbeitungszeit die HDR-Fotografie für professionelle Fotografen besonders interessant. Im klassischen Stile abfotografiert ist nahezu jedes Motiv, ob vom Profi in Szene gesetzt oder durch den ambitionierten Amateur unter einem neuen Blickwinkel abgelichtet – der Reichstag in Berlin, der Dragster bei der Motorshow, die verfallene Industrieanlage am Rande der Großstadt oder das Bergpanorama im Himalaja. Mit Hilfe der HDR-Fotografie lassen sich diese Motive völlig neu interpretieren und führen immer wieder zu Erstaunen beim Fotografen und erst recht beim Betrachter.
Beispielsweise findet man die Fotografie des Taj Mahal – Indiens Wahrzeichen schlechthin – in allen Variationen und aus jedem möglichen Blickwinkel. Kein Mensch aber würde eine Fotografie dieses beeindruckenden Monuments mittlerweile noch als atemberaubend bezeichnen. Als HDR-Bild, aufgenommen in der Dämmerung, sollte dieses Motiv jedoch erneut für Aufsehen sorgen.
Motive für die HDR-Fotografie gibt es in jedem Fall mehr als genug. Viele der schon abertausend Male fotografierten Motive erscheinen als HDR-Interpretation in völlig neuem Licht.
Abbildung 2.11 Das Taj Mahal, hier als Pseudo-HDR bearbeitet, würde als mehrfachbelichtete Aufnahme mit entsprechendem Tone Mapping in ganz neuem HDR-Glanz erscheinen.
Abbildung 2.12 Durch die HDR-Verarbeitung und das Tone Mapping lassen sich Fotografien, wie hier das Holocaust-Denkmal in Berlin, mit einer besonderen Atmosphäre versehen.
2.3.2 Die Stärken der HDR-Fotografie
Wo die analoge und digitale Fotografie bisher an ihre Grenzen gestoßen sind, liegen die Stärken der HDR-Fotografie. Vor allem schwierige Lichtsituationen lassen sich mit der HDR-Fotografie meistern:
- Gegenlichtaufnahmen
- Nachtaufnahmen
- Innenräume mit Fenstern
- schlecht ausgeleuchtete Räume
- starke Licht- und Schattenbereiche
- Strukturen und plastische Maserungen
- Lichtreflexionen und Spiegelungen
Abbildung 2.13 Ein häufig gewähltes Motiv für die HDR-Fotografie: die schwierige Lichtsituation in einer Kirche mit wunderschönen Fenstern.
Dabei ist die HDR-Fotografie nicht nur für eine surrealistisch anmutende Gemälde-Fotografie einsetzbar. Perfekt belichtete und bis ins Detail durchgezeichnete Bilder müssen nicht zwingend auf den ersten Blick als HDR-Bild erkannt werden. Beispielsweise in der Food-Fotografie: Hier lassen sich mit überschaubarem Aufwand Bilder erstellen, die ohne die HDR-Technik sehr aufwendig ausgeleuchtet werden müssten. Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz in der Naturfotografie. Licht und Schatten in einem dichten Waldstück können eine echte Herausforderung darstellen, die sich mit Hilfe der HDR-Fotografie bewältigen lässt.
Abbildung 2.14 Den Kontrastumfang mit einem überschaubarem Aufwand derartig zu erhöhen wie in diesem Bild, war bisher nicht möglich.
Ihre Meinung
Wie hat Ihnen das Openbook gefallen? Wir freuen uns immer über Ihre Rückmeldung. Schreiben Sie uns gerne Ihr Feedback als E-Mail an kommunikation@rheinwerk-verlag.de.