1.6 POSIX, X/OPEN und ANSI C
Aufgrund der vielen Systeme zur Zeit der Kommerzialisierung von UNIX wurde eine Benutzervereinigung namens /usr/group gebildet, um eine Standardbeschreibung für UNIX zu erstellen. Damit daraus auch ein echter Standard wurde, hat man diese Benutzervereinigung in ein Team des IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) übergeben. Dieses Team erhielt den Namen P1003 Working Group und wurde in mehrere Arbeitsteile untergliedert. Aufgabe dieser Gruppe war es, einen Standard für ein UNIX-Betriebssystem zu schaffen, das es erlaubte, verschiedene Programme auf Quellcodeebene zu portieren. 1986 wurde dann ein erstes Dokument mit dem Namen POSIX (P1003.1) veröffentlicht. POSIX ist die Kurzform für Portable Operating System Interface for UniX. Der POSIX-Standard P1003.1 beinhaltete Standardkomponenten wie den Betriebssystemkern und C-Bibliotheken. Heute halten sich mehr oder weniger alle UNIX-/Linux-Varianten an den POSIX-Standard. Selbst Microsoft Windows bietet eine POSIX-konforme Schnittstelle an, da vor allem in den USA POSIX eine wesentliche Voraussetzung im militärischen und öffentlichen Bereich der IT-Ausschreibungen ist. Natürlich existiert nicht nur ein POSIX-Standard für den Betriebssystemkern und die C-Bibliotheken. Weitere Standardkomponenten finden Sie in der Tabelle aufgelistet.
Tabelle 1.3
POSIX-Standardkomponente
Standard
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Bedeutung
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Status
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POSIX.1
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Betriebssystemkern und C-Bibliotheken
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1990 anerkannt
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POSIX.1a
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Erweiterungen
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in Bearbeitung
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POSIX.1b
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Echtzeitprogrammierung
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1993 anerkannt
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POSIX.1c
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Unterstützung von Threads
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1995 anerkannt
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POSIX.1d
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Echtzeiterweiterungen
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in Bearbeitung
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POSIX.1e
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Sicherheit
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in Bearbeitung
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POSIX.1f
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Transparenter Filezugriff
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zurückgezogen
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POSIX.1g
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Protokollunabhängige Netzwerkschnittstelle
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in Bearbeitung
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POSIX.2
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Shell und Kommandos
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1992 anerkannt
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POSIX.3
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POSIX Test Suite
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1991 anerkannt
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POSIX.5
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Sprachanbindung an ADA
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1992 anerkannt
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POSIX.7
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Systemadministration
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in Bearbeitung
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POSIX.9
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FORTRAN-Anbindung von POSIX.1
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1992 anerkannt
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Eine ebenfalls wichtige Bedeutung fiel dem X/OPEN-Standard zu. Diese Gruppe hatte sich in Europa gebildet, da es speziell in nicht englischsprachigen Ländern und vor allem in Europa eigene Probleme gab, wie z. B. ein erweiterter Zeichensatz mit Sonderzeichen oder mehrsprachige Fehlermeldungen. Diese Gruppe hat es sich also zum Ziel gemacht, im Betriebssystem auf nationale Anforderungen einzugehen. Dieser Teil ist auch als NLS (Native Language Support) bekannt, der heute unter der Bezeichnung I18n als Technik für die Internationalisierung und unter der Bezeichnung L10N als Technik für die Lokalisierung von Software eingesetzt wird. Heute ist der X/OPEN-Standard in der 5. Auflage aktuell (kurz XPG5).
Ein weiterer sehr bedeutender Standard für die Programmiersprache C wurde mit dem ANSI C-Standard (auch C89 genannt, da 1989 verabschiedet/eingeführt) geschaffen. Dabei handelte es sich ausnahmsweise um keinen UNIX-Standard, sondern um einen Compiler-Standard. Mit einem Standard für Compiler war es nun möglich, portable Programme zu schreiben, die zum größten Teile unabhängig vom Betriebssystem sind. Programme, die diesen Standard einhalten, können somit auf jedes Betriebssystem und jede Plattform portiert werden, wofür ein ANSI C-Compiler erhältlich ist. Der ANSI C-Standard hatte sich aber nicht nur um die Portabilität von C-Programmen gekümmert, sondern hat auch einige eigene Neuerungen einfließen lassen.
Jetzt haben Sie die drei bedeutendsten Standards kennen gelernt. In diesem Buch werden aber noch weitere sehr verbreitete Standards wie System V Release 4 (SVR4), BSD-UNIX (BSD) und natürlich Linux verwendet.
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