5.2    Zeichenketten-Operationen 

Häufig vorkommende und typische Operationen für Zeichenketten, die sogenannten String-Operationen, sind beispielsweise die Suche nach einem bestimmten oder einer Gruppe von Zeichen in einer Zeichenkette und die Ersetzung durch ein anderes Zeichen. Auch das Verschieben von Zeichen einer Zeichenkette nach rechts bzw. nach links – um Platz zu schaffen oder Lücken zu schließen – kommt häufig vor. Vielleicht möchten Sie die Zeichenkette auch durch Zeichen einer anderen Zeichenkette ergänzen oder aus einer Zeichenkette bestimmte Zeichen ausschneiden.

DATA telefon TYPE n LENGTH 8 VALUE '887766'.

Würden Sie versuchen, diese Nummer anzurufen, würden Sie wahrscheinlich verblüffende Erfahrungen machen, aber Ihren Wunschteilnehmer nicht erreichen. Die beiden führenden Nullen müssen deshalb mit einer String-Operation beseitigt werden.

 

5.2.1    Zeichenketten verschieben 

Eine Möglichkeit wäre, die Zeichenkette nach links zu verschieben, bis die führenden Nullen verschwunden sind. Dies erreichen Sie mit folgender Anweisung:

SHIFT telefon LEFT DELETING LEADING '0'.

Durch die SHIFT-Anweisung wird der Feldinhalt, d. h. die Zeichenkette 00887766, so lange nach links verschoben, bis alle führenden Nullen gelöscht sind. Der Feldinhalt lautet nach der Operation 887766▯▯; das Feld wird demnach rechts mit zwei Leerzeichen aufgefüllt.

Natürlich können Sie eine Zeichenkette in einem Feld um eine bestimmte Anzahl Positionen auch in eine bestimmte Richtung verschieben. Möchten Sie die Telefonnummer wieder um zwei Stellen nach rechts rücken, schreiben Sie:

SHIFT telefon BY 2 PLACES RIGHT. 

Anschließend lautet der Feldinhalt so, wie Sie es sich ursprünglich vielleicht vorgestellt haben, nämlich ▯▯887766. Sie werden sich eventuell fragen, warum Sie dann nicht direkt ein Feld vom Typ c verwenden können. Dies hat den einfachen Grund, dass das System beim Typ c auch alle alphanumerischen Zeichen akzeptiert, d. h. auch Buchstaben und Sonderzeichen. Beim Typ n werden diese Zeichen hingegen vom System ignoriert. Falls die ganze Zeichenkette nur aus Buchstaben und Sonderzeichen besteht, wird das Feld auf den Initialwert gesetzt und erleichtert so das Programmieren von Prüf- und Fehlerroutinen, die falsche Eingaben erkennen und folgerichtig behandeln.

Lassen Sie die gezeigten Zusätze der SHIFT-Anweisung weg, erhalten Sie die kürzeste Form:

SHIFT telefon.

Das System setzt dann für die fehlenden Operanden Standardwerte. Die Richtung ist standardmäßig links, die Anzahl der Positionen 1. Der Feldinhalt wird standardmäßig um eine Position nach links verschoben. Beim Verschieben von Feldinhalten sollten Sie deshalb sehr gut achtgeben; stellen Sie sich am besten ein Bücherregal vor: Wenn Sie auf einem Brett die Bücher zu weit zu einer Seite hin verschieben, fallen die äußersten Bücher herunter. So ähnlich ist auch das Prinzip beim Verschieben von Feldinhalten: Schieben Sie den Feldinhalt über den linken oder rechten Rand hinaus, gehen Zeichen unwiederbringlich verloren.

 

5.2.2    Zeichenketten ersetzen 

Gleichgültig, ob Sie eine Dezimalzahl mit dem Dezimaltrennzeichen vom deutschen ins amerikanische Format umwandeln oder aus einer alten Materialnummer mit acht Stellen eine neue Materialnummer mit 16 Stellen erzeugen müssen, immer geht es darum, bestimmte Zeichen oder Zeichengruppen in einer Zeichenkette zu finden und zu ersetzen. Diese Aufgabe erledigen Sie mit der REPLACE-Anweisung.

Das Feld TELEFON_INTERNATIONAL sei vom Typ c, 25-stellig, mit dem Inhalt ▯▯887766; die ersten beiden Stellen sind also Leerzeichen. Sie möchten nun das führende Leerzeichen durch den Inhalt des Feldes NATIONAL_VORWAHL ersetzen.

Hierzu verwenden Sie folgende Anweisung:

REPLACE ` ` IN telefon_international
            WITH national_vorwahl. 

Die REPLACE-Anweisung sucht und ersetzt das erste Auftreten des Suchbegriffs, der hier » « (Leerzeichen) lautet. Ist das Feld NATIONAL_VORWAHL vom Typ n, fünfstellig, mit dem Inhalt 09876, hat das Feld TELEFON_INTERNATIONAL nach dieser Operation den Inhalt 09876▯887766. Das erste Leerzeichen wurde durch die nationale Vorwahlnummer ersetzt; das zweite Leerzeichen bleibt erhalten und steht jetzt zwischen der nationalen Vorwahl und der Ortstelefonnummer.

Vielleicht ist Ihnen schon eine Besonderheit aufgefallen: Anstelle der sonst üblichen Hochkommata ist das Leerzeichen in Backquotes (`) eingeschlossen. Welche Bewandtnis hat es damit? Unser im Programmtext abgelegter Suchbegriff » « (Leerzeichen) ist ein Zeichenliteral. In ABAP gibt es zwei Arten von Zeichenliteralen, die sich durch ihren Datentyp und ihren Umgang mit Leerzeichen unterscheiden:

• Textfeldliterale sind vom Datentyp c,

• String-Literale sind vom Datentyp string

Beide unterscheiden sich durch ihren Umgang mit schließenden Leerzeichen.

Bei Textfeldliteralen werden schließende Leerzeichen ignoriert und so behandelt, als wären sie nicht vorhanden. Das Textfeldliteral 'ABC   ' wird als 'ABC' und ein Textfeldliteral ' ' als leerer Wert behandelt. Die REPLACE-Anweisung geht mit einem leeren Suchbegriff um, indem sie den Ersetzungsbegriff vor der bearbeiteten Zeichenkette einfügt. Die folgende REPLACE-Anweisung mit Hochkommata würde das Ergebnis 09876▯▯887766 mit zwei Leerzeichen hervorbringen, da der Ersetzungsbegriff einfach vor der Zeichenkette eingefügt würde:

REPLACE ' ' IN telefon_international
            WITH national_vorwahl.

In der korrekten Variante mit den Backquotes hingegen werden schließende Leerzeichen respektiert. Das Textfeldliteral `ABC   ` wird tatsächlich als `ABC   ` und unser Leerzeichen ` ` als ein Leerzeichen behandelt. Damit kann die REPLACE-Anweisung erfolgreich ausgeführt werden: Das erste Leerzeichen in TELEFON_INTERNATIONAL wird als mit dem Suchbegriff identisch erkannt und durch NATIONAL_VORWAHL ersetzt. Führende Leerzeichen werden übrigens bei Textfeldliteralen ebenso wie bei String-Literalen respektiert.

 

5.2.3    Zeichenketten verdichten 

In langen Textfeldern finden sich häufig überflüssige Leerzeichen. Auch durch String-Operationen können in längeren Zeichenketten solche Leerzeichen entstehen. Sie haben die Möglichkeit, in einem Feld die Teil-Strings so weit zusammenzuziehen, dass alle überflüssigen Leerzeichen entfernt werden, oder aber die Zeichenketten mehrerer Felder in einem Feld zu sammeln und dann zu verdichten.

Betrachten Sie zunächst die erste Möglichkeit: Angenommen, das Feld TELEFON_INTERNATIONAL hat den Inhalt +49▯-(0)9876▯▯887766. Zwischen der internationalen Vorwahl und der nationalen steht dabei ein Leerzeichen, und zwischen der nationalen Vorwahl und der Telefonnummer stehen zwei Leerzeichen, d. h. insgesamt drei Leerzeichen.

Mit der CONDENSE-Anweisung ziehen Sie die drei Teile der Zeichenkette im Feld TELEFON_INTERNATIONAL so weit zusammen, dass zwischen der internationalen Vorwahl +49, der nationalen Vorwahl -(0)9876 und der örtlichen Telefonnummer 887766 nur noch jeweils ein Leerzeichen bestehen bleibt, gleich, wie viele Leerzeichen zuvor dazwischen standen; es fällt demnach nur das dritte Leerzeichen weg, und der Feldinhalt von TELEFON_INTERNATIONAL lautet nach folgender Operation +49▯-(0)9876▯887766:

CONDENSE telefon_international.

CONDENSE telefon_international NO-GAPS.

 

5.2.4    Zeichenkettenfelder zusammenziehen 

Es gibt jedoch einen bequemeren Weg, um Zeichenkettenfelder in frei wählbarer Reihenfolge in ein Zielfeld zu stellen. Stellen Sie sich vor, Sie möchten zwei Felder in einer Listzeile ausgeben: das Feld NAME und das Feld VORNAME. Beide sind vom Typ c und jeweils 40 Stellen lang. Allein mit diesen beiden Feldern würden 80 Spalten der Listzeile belegt – und viele davon wären Leerzeichen. Praktischer wäre es, für die Ausgabe den Inhalt beider Felder in ein eigenes Ausgabefeld zu schreiben und die Zeichenketten so zusammenzuziehen, bis nur noch ein Leerzeichen zwischen Name und Vorname bestehen bleibt.

Dieses Prinzip ist auch auf unsere Telefonnummer anwendbar. Angenommen, Sie möchten die Inhalte der bekannten Felder INTERNATIONAL_VORWAHL, NATIONAL_VORWAHL und TELEFON in genau dieser Reihenfolge in das Feld TELEFON_INTERNATIONAL übertragen, dann verwenden Sie die Anweisung CONCATENATE:

CONCATENATE international_vorwahl
            national_vorwahl
            telefon
            INTO
            telefon_international.

Bei den Angaben zu den Quellfeldern handelt es sich bei CONCATENATE um Stellungsoperanden, bei denen die Reihenfolge der Quellfelder für die Reihenfolge der Zeichenketten im Zielfeld entscheidend ist. Mit anderen Worten: Ist das Feld INTERNATIONAL_VORWAHL der erste Operand, ist auch der Inhalt des Feldes der erste Teil der Zeichenkette im Feld TELEFON_INTERNATIONAL; entsprechend ist der Inhalt des Feldes NATIONAL_VORWAHL der zweite Teil der Zeichenkette im Zielfeld und der Inhalt von TELEFON der dritte Teil. Führende Leerzeichen werden übernommen; schließende Leerzeichen werden bei Quellfeldern vom Typ c ignoriert, bei Quellfeldern vom Typ string aber respektiert.

Hat in unserem Beispiel das Quellfeld INTERNATIONAL_VORWAHL den Inhalt +49, das Feld NATIONAL_VORWAHL den Inhalt 09876 und das Feld TELEFON den Inhalt 887766, lautet der Inhalt des Zielfeldes TELEFON_INTERNATIONAL nach der Operation +4909876887766.

Besser lesbar wäre es zweifelsohne, wenn die einzelnen Bestandteile der Telefonnummer durch ein Minuszeichen getrennt wären. Genau für solche Fälle ermöglicht die CONCATENATE-Anweisung den Zusatz SEPARATED BY: Hier geben Sie eine Variable oder ein Literal an, das als Trennzeichen zwischen die Zeichenkettenteile geschoben wird.

In unserem Beispiel verwenden wir das Literal '-' und schreiben:

CONCATENATE international_vorwahl
            national_vorwahl
            telefon
            INTO
            telefon_international
            SEPARATED BY '-'.

Zur besseren Übersichtlichkeit ist die Anweisung über mehrere Zeilen verteilt. Der Feldinhalt von TELEFON_INTERNATIONAL lautet nach der Operation +49-09876-887766.

telefon_international = international_vorwahl &
                        '-' &
                        national_vorwahl &
                        '-' &
                        telefon.

telefon_international = REPLACE( val  = '09876-887766'
                                 sub  = '0'
                                 with = '+49-(0)-'
                                 occ  = 0 ).

 

5.2.5    Zeichenketten zerlegen 

Genauso gut ist der umgekehrte Fall zur CONCATENATE-Anweisung denkbar, wenn etwa eine große Zeichenkette zerlegt oder Teile der Zeichenkette in ein eigenes Feld geschrieben werden müssen: Beispielsweise steht die internationale Telefonnummer in einer großen Zeichenkette wie im angegebenen Feld, und Sie möchten diese Zeichenkette in internationale Vorwahl, nationale Vorwahl und örtliche Telefonnummer zerlegen.

Diese umgedrehte Aufgabenstellung lösen Sie mit der SPLIT-Anweisung. Sie teilt eine Zeichenkette auf mehrere Felder auf:

SPLIT telefon_international AT '-'
      INTO
      international_vorwahl national_vorwahl telefon.

Mit dieser Anweisung wird das Feld TELEFON_INTERNATIONAL bei der Trennzeichenkette zerlegt. Die Trennzeichenkette folgt dem Zusatz AT und ist entweder der Inhalt eines Feldes, das als Variable geschrieben wird, oder wie in unserem Beispiel ein Literal. Die Zielfelder werden wieder als Stellungsoperanden geschrieben. Sie sollten daher abermals die Reihenfolge der Zielfelder explizit beachten. Außerdem ist es sehr wichtig, dass die Zielfelder groß genug sind, um die Zeichenketten aufnehmen zu können.

Hat das Feld TELEFON_INTERNATIONAL vor der Anweisung den Inhalt +49-09876-887766, hat das Feld INTERNATIONAL_VORWAHL nach der Anweisung den Inhalt +49, das Feld NATIONAL_VORWAHL den Inhalt 09876 und das Feld TELEFON den Inhalt 887766.

 

5.2.6    Zeichenketten-Operationen mit direkter Positionierung 

Es gibt noch eine weitere Gruppe von Aufgabenstellungen, für die String-Operationen erforderlich sind. Manchmal muss in eine Zeichenkette an einer bestimmten Position in einer bestimmten Länge etwas hineingeschrieben werden, oder es müssen im umgekehrten Fall ab einer bestimmten Position Zeichen in einer bestimmten Länge herausgelesen werden.

Angenommen, das Feld TELEFON_INTERNATIONAL hat den Inhalt +49-(0)9876-887766, und Sie wissen, dass bei der internationalen Telefonnummer die ersten drei Zeichen immer die internationale Vorwahlnummer bilden, dann können Sie auf diese drei Zeichen direkt durch Positionierung und Längenangabe zugreifen und die Zeichenkette mit der folgenden ABAP-Anweisung in das Zielfeld INTERNATIONAL_VORWAHL stellen:

international_vorwahl = telefon_international+0(3).

Umgangssprachlich lautet die Anweisung, dass der neue Inhalt des Zielfeldes INTERNATIONAL_VORWAHL der Inhalt des Quellfeldes TELEFON_INTERNATIONAL ist, und zwar ab Position 0 in der Länge von drei Zeichen. Die Längenangabe wird demnach in Klammern und ohne Leerzeichen direkt hinter das Quellfeld geschrieben.

Häufig liegt der gesuchte Teil-String irgendwo in der Mitte der Zeichenkette, und auch dann müssen Sie bei dieser Methode die Anfangsposition und die Länge des gesuchten Teils kennen. In unserem Beispiel könnten Sie die nationale Vorwahlnummer aus der internationalen Telefonnummer herauskopieren und in ein Zielfeld stellen. Voraussetzung ist in unserem Beispiel, dass die nationale Vorwahl immer nach Position 4 beginnt und inklusive der vorangestellten, in Klammern stehenden Null eine Länge von sieben Zeichen hat. Wir wollen an dieser Stelle zugunsten der Einfachheit unseres Beispiels großzügig übersehen, dass es auch Vorwahlen mit drei Stellen gibt. Sie übertragen daher die Zeichen der Stellen 5, 6, 7, 8, 9, 10 und 11. Die Anweisung hierfür lautet:

national_vorwahl = telefon_international+4(7).

Über diesen Weg können Sie nicht nur Zeichen aus einer Zeichenkette herauslesen, sondern auch Zeichen in einer Kette manipulieren. Angenommen, Sie möchten die internationale Vorwahlnummer 49 durch 33 ersetzen, dann schreiben Sie:

telefon_international+1(2) = '33'.

Da Sie möchten, dass die erste Stelle – das Pluszeichen – auch bei der neuen internationalen Vorwahl bestehen bleibt, ersetzen Sie hinter Stelle 1 die Stellen 2 und 3 des Feldes TELEFON_INTERNATIONAL durch das Literal '33'.