6.3 Bewegen in der Shell
Wir haben die Shell bereits als wichtigen Bestandteil der Unix-Philosophie vorgestellt und sind auch in den Beispielen bisher auf Befehle eingegangen. Im Folgenden wollen wir, um den Anspruch dieses Kapitels zu erfüllen, kurz die Grundlagen des Arbeitens in der Shell vorstellen.
6.3.1 Das Prompt
Die Eingabeaufforderung der Shell besteht nicht nur aus einem blinkenden Cursor für die Eingabe, sondern auch noch aus dem Prompt. Dieses gibt meist den Kontext der Arbeit durch die Anzeige des Rechner- und Benutzernamens sowie des Arbeitsverzeichnisses wieder. Allerdings kann jeder Benutzer seinen Prompt auch personalisieren und sogar farbig gestalten.
Listing 6.5 Mögliche Prompts
$
user@host$
user@host:/home/user$
/root#
Dass Informationen wie der Rechner- und Benutzername angezeigt werden, hilft vor allem beim Arbeiten auf verschiedenen Rechnern im Netzwerk. Das Arbeitsverzeichnis hilft dabei, den Ausgangspunkt relativer Pfade zu bestimmen.
6.3.2 Absolute und relative Pfade
Unix-Systeme kennen keine Laufwerke und sprechen alle Speichermedien über den VFS-Layer und einen Verzeichnisbaum an. So ergeben sich zwei verschiedene Arten, wie man Dateien und Verzeichnisse referenzieren kann.
Bei der Angabe eines absoluten Pfades wird der Name immer von der Wurzel / des Dateisystems aus angegeben.
Unnötige Redundanz
Dies kann jedoch zu recht langen Eingaben und redundanten Angaben führen, falls ein Benutzer hauptsächlich in einem bestimmten Verzeichnis arbeitet. Daher besitzt jeder Prozess – und damit natürlich auch jede Shell – mit dem aktuellen Arbeitsverzeichnis einen aktuellen Kontext. Von diesem Verzeichnis aus kann man Verzeichnis- oder Dateinamen auch relativ angeben.
Ein relativer Pfad beginnt nicht mit der Wurzel des Dateisystems, sondern wird relativ zum aktuellen Arbeitsverzeichnis des Prozesses interpretiert, indem das Arbeitsverzeichnis vor den relativen Pfad gesetzt und das Ergebnis schließlich als absoluter Pfad gelesen wird.
Erst so wird es möglich, dass man zum Beispiel einen Texteditor mit text.txt als Argument aufrufen kann, anstatt sich über den Pfad /home/user/text.txt auf die Datei zu beziehen.
6.3.3 pwd
Sollte der Prompt einer Shell einmal weniger aussagekräftig sein, so kann man sich das Arbeitsverzeichnis auch mit dem pwd-Befehl anzeigen lassen. Die Abkürzung steht für print working directory.
Listing 6.6 Arbeitsverzeichnis mit pwd ausgeben
$ pwd
/home/jploetner
[»]Ein neuer Prozess entsteht unter Unix stets als Kopie eines bereits bestehenden Prozesses.
Als Kopie erbt er alle Eigenschaften wie eben auch das Arbeitsverzeichnis.
6.3.4 cd
Natürlich kann das Arbeitsverzeichnis der Shell auch durch einen bestimmten Befehl gewechselt werden. Der cd-Befehl ist die Abkürzung für change directory und erwartet eine Pfadangabe als Argument. Diese kann selbstverständlich wieder relativ oder absolut gemacht werden, wobei man zwei Spezialfälle relativer Pfade unterscheidet:
Referenz auf sich selbst
- ».«
Jedes Verzeichnis enthält eine Referenz auf sich selbst, die der Kürze halber mit einem einfachen Punkt bezeichnet wird. Diesen Punkt benötigt man vor allem, wenn man eine ausführbare Datei starten möchte, die sich vielleicht im Homeverzeichnis des Benutzers befindet. Normalerweise sucht die Shell nur in bestimmten Ordnern – diese Ordner werden in einer speziellen Shell-Variable, dem PATH, gespeichert – nach ausführbaren Dateien, so dass man den Pfad zu einem an anderer Stelle gespeicherten Programm explizit angeben muss:
Listing 6.7 Programm aus dem aktuellen Verzeichnis starten
$ ./schach
- »..«
Mit den zwei Punkten bezeichnet man das nächsthöhere Verzeichnis. Zusammen mit den direkt referenzierbaren Unterverzeichnissen ergibt sich so die komplette Navigation in der Shell:
Dieser Pfad referenziert nun eine Datei schach im aktuellen Verzeichnis. Für den cd-Befehl braucht man die Selbstreferenz jedoch selten, da man schließlich das Verzeichnis wechseln möchte.
Listing 6.8 Navigation in der Shell
$ pwd
/home/jploetner
$ cd ..
$ pwd
/home
$ cd jploetner
$ pwd
/home/jploetner
Interessanterweise hat aus Konsistenzgründen auch das Wurzelverzeichnis / einen solchen Backlink. Dieser zeigt jedoch wieder auf das Wurzelverzeichnis selbst.
Stumme Befehle
Am Beispiel von cd kann man auch sehr gut sehen, dass Shellbefehle in der Regel im Erfolgsfall keine Meldung ausgeben. Das Kommando erledigt nur seine Aufgabe, und wenn diese zur Zufriedenheit des Benutzers ausgeführt werden konnte, muss es dies nicht extra kundtun. Etwas anderes gilt natürlich im Fehlerfall, also wenn man mit cd in ein nicht existierendes Verzeichnis wechseln will:
Listing 6.9 Ein fehlgeschlagener cd-Aufruf
$ cd swendzel
-bash: cd: swendzel: No such file or directory
$
Was dieses -bash in der obigen Ausgabe zu suchen hat, erfahren Sie im nächsten Kapitel, wo wir den Unterschied zwischen Programmen und Shell-Builtins erklären.
Ihre Meinung
Wie hat Ihnen das Openbook gefallen? Wir freuen uns immer über Ihre Rückmeldung. Schreiben Sie uns gerne Ihr Feedback als E-Mail an kommunikation@rheinwerk-verlag.de.