2.2 Was ist Camera Raw?
Unter dem RAW-Format versteht man grundsätzlich Bildmaterial in Form von Rohdaten, die (noch) keinem fixen standardisierten Dateiformat wie z. B. JPEG oder TIFF zugeordnet sind.
Das RAW-Format gibt es bei Photoshop eigentlich schon sehr lange. Es bezeichnet Bilddaten, die sich keinem Format zuordnen lassen, das Photoshop standardmäßig versteht. Das trifft oft auf Material aus dem wissenschaftlich-technischen Bereich zu, z. B. auf Satellitenbilder, Luftaufnahmen, Geländedaten oder auf Bilder aus dem medizinisch-wissenschaftlichen Bereich. Hier muss man genau wissen, wie groß das Bild ist, wie viel Bit Farbtiefe pro Farbkanal darin enthalten sind, wie die Daten organisiert sind – und man muss Photoshop das dezidiert mitteilen.
RAW-Format |
Dieses Format ist im Dialog unter Datei • Öffnen seit der Einführung von Camera Raw-Daten als Photoshop Raw zu finden. Früher hieß es einfach Raw, das wurde aber geändert, um Verwechslungen zu vermeiden. |
Mit dem Aufkommen der Digitalkameras haben diese ihre Bilder zunächst meist als JPEG- oder TIFF-Dateien abgespeichert. Deren Farbtiefe ist begrenzt: JPEG hat immer nur maximal 8 Bit Farbtiefe, TIFF erst seit einiger Zeit 16 Bit. Mit der Weiterentwicklung der Aufnahmechips und den steigenden Ansprüchen der Fotografen konnten immer mehr Kameras Bilder mit 12 bis 14 oder noch mehr Bit Farbtiefe pro Kanal aufnehmen, um einen größeren Belichtungsspielraum und mehr Dynamik im Bild zu erreichen. Praktisch alle Hersteller sind dabei eigene Wege gegangen.
Alle Kameras können für niedrigere Ansprüche – und um Platz auf den früher sehr teuren Speicherkarten zu sparen – JPEGs aufnehmen. Für höhere und professionelle Ansprüche hat jeder Hersteller ein eigenes Format entwickelt, das die rohen Daten, die direkt vom Kamerachip kommen, möglichst unverfälscht und trotzdem platzsparend auf die Speicherkarte schicken soll. Dabei werden vom Kamerabildprozessor lediglich rein technische Korrekturen und Verbesserungen an den Bilddaten vorgenommen, und es wird eine verlustfreie Datenreduktion durchgeführt. Das Bild selbst wird im Idealfall nicht verändert. Dies soll möglichst große Offenheit für spätere Bearbeitungen und vor allem Qualitätsreserven bieten.
Hersteller | RAW-Format |
Nikon |
*.NEF |
Minolta |
*.MRW |
Mamiya |
*.MEF |
Olympus |
*.ORF |
Canon |
*.CRW + *.CR2 |
Kodak |
*.DCR |
Pentax |
*.PEF |
Fuji |
*.RAF |
Sigma |
*.X3F |
Leica |
*.RAW |
Panasonic |
*.RAW |
Casio |
*.RAW |
Sony |
*.SRF + *.ARW |
Tabelle 2.1 Rohdatenformate verschiedener Kamerahersteller (Auswahl)
Also hat jeder Hersteller mittlerweile ein eigenes Rohdatenformat oder gar mehrere entwickelt. Diese sind untereinander zwar sehr ähnlich, aber weder zueinander noch zu Photoshop kompatibel. In der Regel hat jeder Hersteller auch eine eigene Kameradatensoftware für seine Produkte entwickelt, die einmal den Datentransfer von der Kamera zum Computer erledigt und zudem auch das hauseigene Rohdatenformat in bekannte und kompatible Formate konvertiert (Beispiele: Olympus Camedia Master, Nikon Capture oder Canon EOS Capture).
2.2.1 Alternativen zu Adobes Rohdatenwerkzeugen
Mit dem Boom der digitalen Fotografie ist in den letzten Jahren sehr viel Bewegung in das Marktsegment der sogenannten Raw-Konverter gekommen. Eine ganze Reihe von Herstellern hat auf diesem Markt, z. T. lange vor Adobe, Pionierarbeit geleistet. Mit der Übernahme eines dieser Hersteller, Pixmantec, hat Adobe die technologische Basis für Camera Raw und Lightroom gelegt.
Neben den beiden Programmen von Adobe gibt es eine ganze Reihe von Alternativen, die hier zumindest kurz vorgestellt werden sollten.
Capture One | Als einer der ältesten Raw-Konverter hat sich Capture One vor allem im Profibereich einen Namen gemacht. Da der Hersteller PhaseOne auch Digitalrückteile für Mittelformat- und Fachkameras herstellt, lag und liegt der Fokus natürlich auf der Anbindung dieser Hardware an den Computer. Vor allem im Studio kann man mit Capture One direkt in den Computer aufnehmen, daher auch der Name. Auch der Preis von ca. 300 € passt eher zum Profisegment des Marktes. Im Laufe der Zeit hat sich PhaseOne aber auch Raw-Formaten anderer Hersteller geöffnet; auch das direkte Einspielen bei der Aufnahme funktioniert mittlerweile mit einigen anderen digitalen Kameras. Capture One kann man sicher als das Vorbild aller professionellen Raw-Werkzeuge bezeichnen. Capture One gibt es für Mac und Windows (www.phaseone.com).
Abbildung 2.3 Capture One von PhaseOne
Aperture | Mit Aperture hat Apple seinen eigenen Raw-Konverter im Programm. Als Hersteller von Hard- und Software hat Apple Aperture sehr stark auf die Macintosh-Rechner zugeschnitten, für die es ausschließlich erhältlich ist. Das äußert sich in einer beeindruckend flüssigen, grafischen Performance – aktuelle Rechner des oberen Preissegments vorausgesetzt. Es unterscheidet sich in der Gestaltung der Benutzeroberfläche z. T. stark von den anderen Raw-Programmen, die einander recht ähnlich sind. Das hat seinen Reiz, ist aber gewöhnungsbedürftig. Aperture kostet etwa 200 € (www.apple.de/aperture).
Abbildung 2.4 Bei der Benutzeroberfläche von Aperture geht Apple sichtbar eigene Wege.
Bibble Pro | Als preislich interessante, aber trotzdem profes-sionelle Alternative hat Bibble Labs sein Programm Bibble Pro platziert. Es zeichnet sich durch eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit aus, weil man wahlweise eine ganze Reihe von Funktionen im Hintergrund ablaufen lassen kann. Bibble ist für Mac, Windows und Linux erhältlich und kostet etwa 160 US$ (www.bibblelabs.com).
Abbildung 2.5 Die Programmoberfläche von Bibble Pro
Werkzeuge der Kamerahersteller | Die Hersteller der Kameras können nicht davon ausgehen, dass die Käufer ihrer Produkte Photoshop oder wenigstens einen Raw-Konverter besitzen, zumindest oft nicht gleich nach dem Kauf. Deshalb packt fast jeder namhafte Hersteller Software bei, die auf jeden Fall sicherstellt, dass man Rohdaten, wenn die Kamera diese ausgeben kann, auch in ein von anderen Programmen lesbares Format konvertieren kann. Neben den oft einfacheren Tools, die beigepackt werden, bieten manche Hersteller auch besser ausgestattete Software an. Beispiele sind Olympus mit »Olympus Studio« oder Nikon mit »Capture NX«. Die meisten Hersteller liefern ihre eigenen Programme für Mac und Windows aus.
Abbildung 2.6 Beispiel für ein Raw-Werkzeug eines Kameraherstellers: Canon Digital Photo Professional
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